Die Moral passte – das Ergebnis nicht
Coburg verliert zum Jahresauftakt und geht endgültig schweren Zeiten entgegen. Co-Trainer Michael Weixler tritt zurück.
VON RALPH BILEK
Noch mehr als eineinhalb Stunden nach Spielende drang laute Musik aus der Kabine der feiernden TSG Münster, die zwei wichtige Punkte im Abstiegskampf beim HSC 2000 Coburg ergattert hatten. Zwar wurde 1. Vorsitzender Jürgen Heeb in den Tagen vor der Partie nicht müde, immer wieder das Ziel des HSC für den Rest der Rückrunde vorzugeben: „Wir müssen sehr schnell, möglichst viele Spiele gewinnen.“ Am vergangenen Samstag war es aber nichts damit – genau zwei schwache Minuten zwischen der 49. und 51. Minuten sorgten letztendlich dafür, dass Coburg mit einer 29:30-Niederlage auch gegen die TSG Münster leer ausging und nun eine erschreckende Bilanz von 1:19 Punkten aufweist und seit zehn Spielen auf einen Sieg wartet. Dabei hatte die Coburger Mannschaft zum Handballauftakt 2009 ein völlig anderes Gesicht, dafür waren die Schiedsrichter die gleichen wie im ersten Aufeinandertreffen in Coburg im Herbst 2007, als es einen 42:34-Erfolg des HSC gab. Davon war der HSC diesmal allerdings weit entfernt, auch weil man immer wieder merkte, dass gegen die sehr offensiv ausgerichtete Münsterer Deckung die Feinabstimmung fehlte, was zu einigen leichten Fehlern führte. Außerdem wurden die Außenspieler, ganz besonders Göhl, der sich auf der rechten Seite gewünscht hätte, an seinem Geburtstag mit mehr „Anspielgeschenken“ bedacht zu werden. Auch in der Abwehr waren phasenweise Abstimmungsprobleme sichtbar, wofür auch die große Anzahl an Strafwürfen für die Gäste spricht.
HSC 2000 Coburg - TSG Münster 29:30 (16:16)
Bei Coburg musste man sich gleich in der Startformation an ein paar neue Gesichter und insgesamt eine veränderte Mannschaft gewöhnen. Auch auf der Bank ergab sich ein anderes Bild. Anstatt Trainer Hrvoje Horvat, der grippekrank zu Hause lag, und dem am Samstag Morgen zurückgetretenenCo-Trainer Michael Weixler hatten dort als Verantwortliche Neu-Manager Dirk Wahl und 2. Vorsitzender Jürgen Apfel Platz genommen.
Auf dem Spielfeld gab es beim HSC mit Lendner, Rose, Kästner, Göhl, Libergs und Matthias Werner eine völlig umgekrempelte Anfangsformation, natürlich auch den Verletzungen von Piskac und Lakisa sowie dem erkrankten Suma, der an einer eitrigen Mandelentzündung laboriert, geschuldet. Gleich das erste Feldtor des HSC ging auf das Konto des Coburg-Rückkehres Rose, der in der Abwehr zunächst durch Philipp Schulz ersetzt wurde, aber erst einmal lief der HSC der Führung der TSG Münster hinterher. Nach sieben Minuten lag Coburg erstmals vorn (5:4), aber die Partie sollte eng bleiben. Allerdings nahm das Spielniveau mit zunehmender Spieldauer ab. Doch zunächst überzeugte Coburg mit schwungvollen Angriffsaktionen und neuen Ideen. Dem 10:10 war ein schöner Spielzug mit einem Pass von Rose an den Kreis zu Florian Lendner vorausgegangen, der dort plötzlich auf der rechten Seite aufgetaucht war. Doch zwei technische Fehler im Angriff brachten Münster nach einer guten Viertelstunde die erste Zwei-Tore-Führung (12:10, 18.). Havard Martinsen überließ dann das Tor Rene Selke, der sich gleich mit zwei Paraden gut einführte. Auch Blitz-Neuzugang „Johnny“ Rivera kam jetzt zu seinem ersten Einsatz für Coburg. Es dauerte aber bis kurz vor die Pause, bis der HSC wieder zum Ausgleich kam. Das lag daran, dass man immer wieder etwas „hudelig“ agierte.
Auch nach Wiederanpfiff entwickelte sich weiter eine umkämpfte Partie, in der die Vestestädter insgesamt mehr Fehler machten. Mit einer aggressiven Abwehrarbeit konnte dies lange ausgeglichen werden, auch wenn sich da ab und an schon ungewohnte Lücken auftaten. Zunächst ging Coburg nach dem 9:8 aus der 15. Minute erstmals wieder selbst in Führung (17:16, 34.). Es hatte also fast vier Minuten gedauert, ehe nach der Pause der erste Treffer fiel. Danach wurde aber verpasst, die durchaus vorhandenen Chancen zu einer deutlicheren Führung zu nutzen. Das Gegenteil passierte. Zwar brachte ein tolles Kreisanspiel von Rose auf Michael Werner das 19:18, aber es sollte nach 39 Minuten die letzte Coburger Führung sein. Der HSC machte sich mit leichten Fehlern, Fehlpässen im Angriff, das Leben immer wieder selbst schwer. Münster spielte über die gesamte Spielzeit gesehen effizienter, aber die Konstante des Spiels war der enge Spielverlauf.
Das 21:21 ging dann auf das Konto von Rivera der fast aus dem Stand abzog und dann zum 22:22 per schneller Mitte zusammen mit Lendner noch einen drauf setzte. Mit einem vergebenen Siebenmeter wurde auch hier wieder eine eigene Führung verpasst. Im Gegenzug bekamen die Gäste nach sehr lange angezeigtem Zeitspiel ebenfalls einen Strafwurf bei einer Aktion, die eher nach Stürmerfoul roch und der das 23:22 für die TSG brachte, was dann Rose ebenfalls per Siebenmeter erneut egalisierte (47.). Aber nach dem 24:24 (49.) hatte Coburg katastrophale 120 Sekunden. Man hatte den kühlen Kopf verloren und lud Münster mit einfachen Fehlern zum kontern ein, was diese zum 28:24 (51.) nutzten. Eine hohe Hypothek, aber der HSC gab nicht auf, war nach dem 26:29 in Überzahl, in der Rose mit einer Einzelaktion das 27:29 herstellte. Jetzt war so richtig Dampf in der Partie und Coburg biss und schaffte drei Minuten vor dem Abpfiff den 29:29-Ausgleich. Doch in der verbleibenden Spielzeit stellte man sich einfach zu ungeschickt an und Münster erzielte 40 Sekunden vor dem Abpfiff den Siegtreffer. Zwar hatte der HSC noch die Chance auf den Ausgleich, doch da fehlte es dann an der Übersicht. So wurde die tolle Moral nicht belohnt und das Abstiegsgespenst wurde so erst einmal größer. Während die Coburger mit hängenden Köpfen aus der Halle schlichen, freuten sich die Spieler der TSG Münster über zwei wichtige Punkte. Und wenn sich die Jungs von Spielertrainer Jan-Olaf Immel nicht hätten auf die Heimfahrt machen müssen, würden sie wohl immer noch bei lauter Musik in der Kabine feiern.
SR: Lutz Daßler / Lutz Günther (Zwönitz).
HSC 2000 Coburg: Rene Selke, Havard Martinsen – Matthias Briem (n.e.), Matthias Werner (5/3), Ronny Göhl (2), Christian Rose (5), Christian Pack, Jan Kästner (4), Philipp Schulz (3), Michael Werner (4), Uldis Libergs, Florian Lendner (4), Jonathan Samuel Rivera Vieco (2), Christoph Schuhmann (n.e.). - Zeitstrafen: 5; Siebenmeter: 5/4.
TSG Münster: Thijs van de Mortel, Michael Rebstock – Fabian Bohnert (4), Jan-Olaf Immel (1), Marcus Quilitzsch, Steffen Weber (6), Jörn Olbrich (6), Daniel Wernig, Thomas Ochs, Markus Neukirchen, Axel Buschsieper (1), Kai Zapototschny (1), Ziad Rejab (2), Sven Pausch (9/7). – Zeitstrafen: 7; Siebenmeter: 7/7.
STIMMEN ZUM SPIEL:
2. HSC-Vorsitzender Jürgen Apfel: „Ich finde, dass die Mannschaft hervorragend und toll gekämpft hat, gerade unter den Voraussetzungen mit den Spielerwechseln in den letzten Wochen. Sie hat alles gegeben und bei dem Vier-Tore-Rückstand hat man gesehen, dass es in der Mannschaft wirklich stimmt. Wie immer bei einem engen Spiel entscheiden dann kleine Fehler, aber wir haben heute eine gute Basis gelegt.“
TSG-Trainer Jan-Olaf Immel: „Für uns war es schwer, wir wussten nicht, was auf uns zukommt, da es eine andere Coburger Mannschaft als im Hinspiel war. Wir haben aber konsequent unser Spiel gespielt, uns nicht nervös machen lassen. Deswegen bin ich mit der Leistung meiner Mannschaft auch hochzufrieden.“
HSC-Präsident Norbert Kastner: „Die Mannschaft hat engagiert gespielt und gekämpft, auch wenn es zwischendurch immer wieder Fehler gab. Das Team ist auch noch nicht richtig eingespielt, aber es war spürbar mehr Leben in der Mannschaft. Die Niederlage lag an einer Summe von Kleinigkeiten, durchaus auch SR-Entscheidungen mit eingeschlossen, die es aber nicht entschieden haben. Unterm Strich war es einfach ein Tick zu wenig Glück.“
Quelle: HSC 2000 Coburg